Patiententransportzug aus dem Kreis Herford unterstützt Evakuierung 

Kreis Herford/Minden. Mehr als 70 Jahre nach Kriegsende liegen in Deutschland noch immer unzählige Sprengkörper im Erdreich. Zuletzt war im benachbarten Minden eine 1.000 Kilogramm schwere Fliegerbombe aus dem 2. Weltkrieg gefunden worden. Experten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes entschärften sie in der Nacht zu Donnerstag (18.01.2018). Zuvor hatten rund 3.400 Bürger ihre Häuser verlassen müssen. Einsatzkräfte aus der gesamten Region, darunter dem Kreis Herford, unterstützten die Evakuierungsmaßnahmen.

Bauarbeiter haben den Blindgänger am Mittwoch bei Erdarbeiten auf einer Baustelle an der Windmühlenstraße im Stadtteil Leteln entdeckt. Die Sicherheit der Menschen in den umliegenden Wohngebieten ist in Gefahr. Die Weserschifffahrt und der Eisenbahnverkehr auf der nahen Hauptstrecke Dortmund/Hannover sind ebenfalls betroffen. Orkantief Friederike, das die Metrologen für den kommenden Tag angekündigt haben, verstärkt das Problem. Dr. Ralf Niermann, Landrat des Mühlenkreises, ruft deshalb noch am gleichen Tag die Großschadenslage aus. Der Krisenstab des Kreises, der Stab für außergewöhnliche Ereignisse der Stadt Minden sowie die Einsatzleitung des Kreises und der Feuerwehr Minden treten am Mittag zusammen. Die Feuerwerker des Kampfmittelbeseitigungsdienstes der Bezirksregierung Arnsberg erkunden zu diesem Zeitpunkt bereits die Lage. Sie berichten nach einer ersten Untersuchung: „Die Bombe ist in einem guten Zustand und die beiden mechanischen Zünder sind nicht deformiert!“

OWL-Patiententransportzüge sammeln sich im Bereitstellungsraum

Das betroffene Gebiet muss in einem Radius von 1.200 Metern rund um den Fundort geräumt werden. 3.400 Bürger sind von der Maßnahme betroffen. Damit die Evakuierung zügig abläuft, fordert die Einsatzleitung überörtliche Hilfe an. Die Patiententransportzüge 10 (PT-Z 10) aus Bielefeld, Gütersloh, Herford und Lippe rücken daraufhin aus und sammeln sich im Bereitstellungsraum „Kanzlers Weide“. Insgesamt 498 Einsatzkräfte der Feuerwehr und Hilfsorganisationen stehen bereit. Die Kreisverwaltung hat ein Bürgertelefon eingerichtet. Am Abend beginnen die Absperrmaßnahmen. Shuttle-Busse, die ab 19 Uhr auf zwei Linien unterwegs sind, bringen die Bürger zur Primus-Schule im Stadtteil Dankersen. Gut 400 Personen finden sich dort ein. Helfer übernehmen ihre Betreuung und Versorgung. Derweil gehen 30 Mitarbeiter der Stadt Minden weiterhin durch die Straßen und bitten die letzten, noch uneinsichtigen Einwohner, ihre Wohnungen zu verlassen.

Anspruchsvoller Transportauftrag 

Die Feuerwehr und Hilfsorganisationen wickeln seit den Abendstunden die Patiententransporte ab. Geduld ist angesagt: „Besonders die Liegend-Transporte nehmen einige Zeit in Anspruch“, heißt es in einer Pressemitteilung er Kreisverwaltung. Der „PT-Z 10 Kreis Herford“ bekommt von der Einsatzleitung des Bereitstellungsraums insgesamt acht Aufträge zugewiesen. „Die Abarbeitung müssen wir selbst disponieren“, sagt Zugführer Torge Brüning von der Feuerwehr Hiddenhausen. Ein beatmeter Wachkomapatient, der von seinen Angehörigen zu Hause gepflegt wird, ist mit einem bekannten Krankenhauskeim infiziert. Seine vorrübergehende Einweisung in ein Krankenhaus oder eine Pflegeeinrichtung zu organisieren, erweist sich für die Mannschaft des Einsatzleitwagens als besondere Herausforderung. Dr. Steffen Grautoff, Leitender Notarzt des „PT-Z 10 Kreis Herford“ klärt den Fall mit seinen Kollegen vom Johannes-Wesling-Klinikum Minden. Die Besatzung des Notarztwagens 2 (Rettungswagen 3 der Rettungswache Spenge mit Notärztin) übernimmt im Anschluss die Verlegungsfahrt des Schwerkranken. Das Auto wird hinterher an der Feuerwache Minden desinfiziert und ist danach wieder einsatzbereit. Insgesamt werden im Rahmen der Evakuierung mehr als 20 pflegebedürftige Mindener übergangsweise im Johannes-Wesling-Klinikum untergebracht.

Kontrollflug mit dem Hubschrauber

Die Entschärfung der Bombe verzögert sich. Sie ist zunächst für 22 Uhr vorgesehen, wird dann aber auf nach Mitternacht verschoben. Ein Sprecher der Kreisverwaltung nennt die Ursachen. Einige Anwohner wären zunächst nicht bereit gewesen, ihre Wohnungen zu verlassen. Zudem hätten noch letzte Patiententransporte durchgeführt werden müssen. Nach Abschluss der Evakuierung überfliegt ein Hubschrauber den Stadtteil Leteln. Die Besatzung kontrolliert das Gebiet mit der Wärmebildkamera. Um 0.45 Uhr beginnen die Experten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes schließlich mit der Entschärfung der Bombe. Nach 30 Minuten ist die Gefahr gebannt. Die Feuerwerker haben die beiden Zünder der Bombe ohne große Probleme entfernen können.

Kurz vor zwei Uhr gibt die Stadt Minden Entwarnung, und die Menschen können in ihre Wohnungen zurückkehren. Die Helfer kümmern sich um den Rücktransport der Pflegebedürftigen. „Sie werden von den gleichen Einheiten transportiert, die auch die Hinfahrt durchgeführt haben“, sagt Torge Brüning. Den Rücktransport des Wachkomapatienten übernimmt allerdings am darauffolgenden Tag der Regelrettungsdienst der Feuerwehr Minden. Der Brandoberinspektor der Feuerwehr Hiddenhausen lobt den reibungslosen Ablauf und die gute Zusammenarbeit der eingesetzten Kräfte. „Ebenso war die Verpflegung vor Ort durchgängig sichergestellt!“ Gegen zwei Uhr morgens treten die Einheiten aus dem Kreis Herford die Heimreise an. Für sie endet ein elfstündiger Einsatz. (Redaktion: kfv-herford.de)

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Stichwort: „PT-Z 10 Kreis Herford“

Der „PT-Z 10 Kreis Herford“ setzt sich aus folgenden Einheiten zusammen: Einsatzleitwagen 1 (ELW 1) Hiddenhausen, besetzt mit dem Zugführer, Organisatorischen Leiter Rettungsdienst (OrgL RD), Führungsassistent und Fahrer; Rettungswagen 3 (RTW 3) der Feuerwehr Bünde als Notarztwagen 1 (NAW 1), der mit dem Leitenden Notarzt (LNA) besetzt ist; Rettungswagen 3 (RTW 3) der Rettungswache Spenge als Notarztwagen 2 (NAW 2), der mit einem weiteren Notarzt besetzt ist; Rettungswagen 1 des Roten-Kreuzes (Rot-Kreuz RTW 1) als Rettungswagen 1 (RTW 1); Rettungswagen 3 (RTW 3) der Feuerwehr Löhne als Rettungswagen 2 (RTW 2); 5 Rot-Kreuz-Krankentransportwagen (Rot-Kreuz KTW) als Krankentransportwagen 1 – 5 (KTW 1 – 5). Mit dem Zug können mindestens zehn Patienten transportiert werden, davon acht liegend. Bei Doppelbelegung aller Fahrzeuge, die nur bei entsprechendem Gesundheitszustand der Betroffenen in Frage kommt, wird eine Zahl von maximal 16 Patienten erreicht. Ein PT-Z 10 NRW ist grundsätzlich innerhalb von 60 Minuten nach der Alarmierung abmarschbereit.

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Der „Patiententransportzug 10 Kreis Herford“ ist nach Minden ausgerückt.

Die Mannschaft des Einsatzleitwagens koordiniert im Bereitstellungsraum „Kanzlers Weide“ die Transportaufträge.

(Foto: Torge Brüning, FW Hiddenhausen)